Dies liegt zum einen daran, dass es den Juden bis ins 19. Jahrhundert hinein verboten war, die meisten
handwerklichen Berufe auszuüben. Zum anderen waren viele Gemeinden so klein, dass ein jüdischer Steinmetz
nicht allein von Aufträgen aus der jüdischen Gemeinde leben konnte, es aber für ihn schwierig werden konnte,
sich auch in der nichtjüdischen Gesellschaft in einem solch traditionellen Handwerksberuf zu behaupten.
Diese sind oft leicht zu übersehen. Manchmal sind sie auf der Vorderseite eines Grabsteins
unter der Inschrift angebracht, häufig aber auch an den Schmalseiten oder sogar auf der Rückseite, am unteren Ende des Grabsteins.
Steinmetz-Signaturen auf dem jüdischen Friedhof Mönchengladbach:
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Bildbeispiele von links nach rechts:
W. Lenz, Mönchengladbach
J. Sperber, Mönchengladbach
E. Cahn, Mönchengladbach
E. Cahn, Mönchengladbach
Bildbeispiele von links nach rechts:
A. Wolff, Krefeld
A. Wolff, Krefeld
Gröter
H. Verbocket

Bildbeispiele von links nach rechts:
S. Holländer, Frankfurt a.M.
Emil Hollweg
Steinmetzbetriebe sind oft Traditionsbetriebe, die über viele Generationen weitergeführt werden. Existiert vielleicht der Betrieb,
dessen Namen ihr auf dem Friedhof gefunden habt, noch heute?
Fragt mal nach, vielleicht gibt es dort noch Unterlagen aus der
Zeit vor dem Krieg (Musterbücher, Grabmalentwürfe, Bestellungen von Grabsteinen durch jüdische Mitbürger etc.).
Gibt es noch einen alten christlichen Friedhof in eurer Gemeinde/eurer Stadt? Finden sich dort
Grabsteine mit denselben Steinmetz-Signaturen wie auf dem jüdischen Friedhof?
Gibt es Grabsteine, die
identisch oder ähnlich gestaltet sind? Und wenn ja, unterscheiden sich die jüdischen Grabsteine trotzdem von diesen christlichen? Wodurch?
Immer wieder lassen sich Beispiele dafür finden, dass die christlichen Steinmetze Schwierigkeiten mit den hebräischen Inschriften hatten.
Manchmal wird deutlich, dass die hebräischen Inschriften von links nach rechts statt von rechts nach links eingraviert wurden.
Dann konnte zum Beispiel das erste Wort einer Zeile (oder auch nur der erste Buchstabe des ersten Wortes), ans Ende der nächsten
Zeile rutschen, wenn der Platz nicht ausreichte. Dies kann eine Lesung der hebräischen Inschrift manchmal sehr schwierig machen.
Manchmal sieht man auch hebräische Inschriften, die linksbündig statt rechtsbündig eingraviert wurden.
Und oft ist es schwierig, bestimmte, ähnliche hebräische Buchstaben auseinander zuhalten, wie z.B. die
Buchstaben
ב
und
כ
oder die Buchstaben
ו
und
ז
Es konnte auch sein, dass der Steinmetz mit zu großen Buchstaben anfing und dann merkte, dass der
Platz nicht ausreichte, so dass die Buchstaben gegen Ende der Inschrift immer kleiner wurden.
Oder der Steinmetz gravierte die Inschrift zwar von rechts nach links ein, aber der Platz in den
Zeilen reichte nicht aus, so dass viele Worte getrennt und zeilenübergreifend geschrieben wurden
(Dazu musst man wissen: Im Hebräischen trennt man Wörter eigentlich nicht).
Jüdischer Friedhof Rüthen, Grabstein der Sara bat Jehuda, gest. 1742

Hier ist geborgen
die Frau, die ange-
sehene, die Geprie-
sene in ihren Taten?, die Einfluss-
reiche, Frau
Sara, Tochter des
Jehuda, sein Andenken zum Segen, aus Wer-
l, verschieden …
… auf Tag 1, Neumond
Cheschvan 503 der kleinen Zählung.
Ihre Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens mit den übrigen
Gerechten ...
Steinmetze hatten wohl Tafeln mit dem hebräischen Alphabet, auf denen die einzelnen Buchstaben durchnumeriert waren. Wenn sie dann als Vorlage eine hebräische Inschrift bekamen, wurde auch hier jeder Buchstabe mit der entsprechenden Nummer versehen, so dass der Steinmetz jeweils anhand seiner Tafel den richtigen Buchstaben raussuchen konnte. Da konnte man sich schnell mal vertun und einen Buchstaben im Alphabet weiterrutschen ...
Kannst du dir vorstellen, wie schwierig es für die Steinmetzen damals gewesen ist, eine hebräische Inschrift auf einen Grabstein zu gravieren?
Hast du schon mal versucht, einen Text in einer fremden Schrift, die du nicht lesen kannst, abzuschreiben?
Wie würdest du dabei vorgehen? Welche Hilfsmittel/Strategien könnten dir dabei nützlich sein?
Was musst du über die Sprache, in der der Text geschrieben ist, wissen? Wie kontrollierst du, ob du Fehler gemacht hast?